Noch 1 Tag: Prof. Dr. med. Anja Hirschmüller in Tokio 2020

Seit 2006 betreut Prof. Dr. med. Anja Hirschmüller das deutsche Para Radsportteam und hat das Team Deutschland Paralympics bereits bei vier Paralympischen Spielen begleitet. Seit 2017 ist sie die Leitende Ärztin Leistungssport des Deutschen Behindertensportverbandes, seit 2018 Präsidentin des BBS. Die Freiburgerin, die als Leitende Ärztin im ALTIUS Swiss Sportsmed Center arbeitet und am Universitätsklinikum Freiburg forscht, wurde in diesem Jahr zudem von der Gesellschaft für Orthopädie-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) zur „Sportärztin des Jahres“ ausgezeichnet.

Das Team Deutschland Paralympics hat mit Prof. Dr. med. Anja Hirschmüller somit eine seit vielen Jahren geschätzte, sehr erfahrene und sportbegeisterte Ärztin mit vor Ort.

Anja, du bist seit 2017 Leitende Ärztin im Bereich Leistungssport des Deutschen Behindertensportverbandes. In dieser Funktion begleitest du in diesem Jahr auch das Team Deutschland Paralympics nach Tokio. Worauf freust du dich am meisten?

Am meisten freue ich mich auf die (Wieder-) Begegnung mit tollen Menschen, u.a. sehr geschätzten, lieben ärztlichen Kollegen und Athleten, aber auch auf internationale Bekannte und Freunde.

Was sind deine Aufgaben bei den Paralympics? Wie sieht deine Arbeit vor Ort aus?

Ich bin die leitende Ärztin des deutschen Teams und Ansprechpartnerin für alle medizinischen Belange der Mannschaft. Ich habe ein 8-köpfiges Ärzte-Team dabei, mit dem ich in der medizinischen Zentrale in „Deutschen Haus“ im paralympischen Dorf untergebracht bin. Wir kümmern uns um alle kranken und verletzen Athleten und Betreuer.

Darüber hinaus habe ich auch repräsentative Aufgaben, beantworte medizinische Fragen der Presse und unterstütze die übrige Delegationsleitung sowie den sog. „Covid Liaison Officer“ („Covid-19-Beauftragten").

Was verbindest du, abgesehen von den Paralympischen Spielen, mit Japan?

Gutes, gesundes Essen. Sehr freundliche zuvorkommende Menschen, die in kleinen Wohnungen leben und sehr viel arbeiten.

Was darf in deinem Koffer auf keinen Fall fehlen?

Mein Handy und die sog, Prevalid Card (gleichzeitig Akkreditierung, Pass, Zugangsberechtigung, Einreisevisum und Ausweis für die Zeit der Spiele).

Du begleitest das Team Deutschland Paralympics bereits zum fünften Mal zu den Paralympischen Spielen. An welche Spiele denkst du besonders gerne zurück und gibt es ein Highlight, das dir im Gedächtnis geblieben ist?

Das größte Highlight waren die Spiele in London 2012. Die „Wiege der Paralympics“ und von Anfang bis Ende ein Sportfest wie es die Welt noch nie gesehen hatte.

Ich erinnere mich aber auch noch an sehr viele emotionale Momente, u.a. den Einmarsch bei der Eröffnungsfeier, den Goldmedaillengewinn von Tobias Graf bei meinen ersten Spielen sowie die Medaillengewinne von anderen Sportlerinnen und Sportlern, die mir sehr ans Herz gewachsen sind.

Du betreust bereits seit 2006 das Deutsche Para Radsportteam. Was verbindet Dich mit dem (Para) Radsport? Und fieberst Du in Tokio ganz besonders bei den Radsport-Wettkämpfen mit?

Na klar. Das ist sehr schade, dass die Radsportwettkämpfe weit weg vom paralympischen Dorf stattfinden und ich daher nur ab und zu bei „meinen“ Athletinnen und Athleten sein kann.

Para Radsport ist toll, weil es eine vielseitige Sportart ist, die mit vielen verschiedenen Behinderungsarten ausgeübt werden kann. Sie verleiht den Sportlern ein hohes Maß an Mobilität. Das Gefühl beispielsweise eine ganze Insel aus eigener Kraft erkunden zu können, ruft besondere Glücksmomente hervor. Bei den Bahnwettkämpfen werden außerdem enorm hohe Geschwindigkeiten von über 70 km/h gefahren. Das hat mich schon immer fasziniert.

Du bist nah an allen Athleten des Team Deutschland dran. Wie schätzt Du die Medaillen-Chancen ein?
Wir sind immer unter den führenden Nationen der Welt. Ich fürchte allerdings, dass es dieses Mal schwieriger wird, weit vorn zu liegen. Einige sehr aussichtsreiche Athletinnen und Athleten haben noch kurz vor den Spielen die Karriere beendet und die internationale Konkurrenz wird immer professioneller. Trotzdem bin ich sicher, dass wir viele tolle Medaillen gewinnen und vor allem außergewöhnliche Leistungen sehen werden.

Liebe Anja, vielen Dank für das Interview. Wir wünschen dir viel Erfolg bei deiner Arbeit und hoffen, dass das gesamte Team Deutschland Paralympics gesund und unversehrt und mit tollen Leistungen im Gepäck nach Hause zurückkehrt.

Prof. Dr. med. Anja Hirschmüller mit Bundespräsident Steinmeier am 19. August bei der Verabschiedung nach Tokio (Foto: O. Rösler Lufthansa)

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