"Rehasport ist für mich eine große Hilfe im Alltag"
„Ohne den Rehasport wäre ich gesundheitlich sicher nicht dort, wo ich jetzt bin“, sagt Helga Lindner. Für die 79-Jährige aus Gärtringen im Kreis Böblingen ist der Rehabilitationssport zu einer Art Lebenshilfe geworden, seit bei ihr vor knapp neun Jahren eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung – kurz COPD – diagnostiziert wurde. Die Atemwege sind dabei dauerhaft verengt, was bei den Betroffenen zu starken Beschwerden führen kann. Heilbar sei COPD zwar nicht, entgegnet Lindner, aber sie habe gelernt, gut damit zu leben, auf sich Acht zu geben und aktiv zu bleiben. Der Rehasport helfe ihr im Alltag dabei.
Als langjährige Herz-Patientin kannte sie sich mit den Angeboten im Rehabilitationssport aus und wusste um die positiven Effekte. Seit ihrer Operation 2005 mit mehreren Bypässen geht sie einmal wöchentlich zum Herzsport. „Der tut mir gut, also suchte ich auch nach einem Angebot, das sich gezielt an Menschen mit Lungenkrankheiten richtet. Weil ich seit meiner COPD-Erkrankung verstärkt unter Atemproblemen leide, habe ich meinen Facharzt gefragt, ob es auch die Möglichkeit gibt, mir eine spezielle Atemgymnastik zu verordnen“, schildert Lindner. „Ich war ganz glücklich zu hören, dass es in Herrenberg nur sieben Kilometer von mir entfernt, auch eine Lungensportgruppe gibt.“
Seit dem Frühjahr 2018 nimmt sie einmal wöchentlich am Angebot des VfL Herrenberg teil. Die Einheit dauert 45 Minuten und richtet sich gezielt an Menschen mit Lungenproblemen. „Ich bin sehr froh für dieses Angebot“, betont Lindner. „Nicht nur, weil ich dort auf Menschen mit ähnlichen Erkrankungen und Problemen treffe, mit denen ich mich austauschen kann. Mir tun das Training und die Übungen gut, sie sind für mich zu einer wichtigen Unterstützung geworden.“
Insbesondere in Stressmomenten helfen ihr die speziell erlernten Techniken, den Atem zu beruhigen und weitere Einschränkungen durch die Krankheit möglichst zu verhindern. In der Lungensportgruppe des VfL Herrenberg trainieren bis zu 16 Teilnehmer*innen gemeinsam. Eine ausgebildete Übungsleiterin geht gezielt auf die jeweilige Erkrankung und den individuellen Gesundheitszustand ein. Sie erläutert und erklärt, warum welche Übung nötig ist, und stellt immer wieder auch den Bezug zu Aktivitäten des täglichen Lebens her. Die Übungen reichen von schnelleren Bewegungen bis zur ruhigen Gymnastik im Sitzen. „Wir starten immer mit Atemübungen. Dabei sitzen wir auf dem Stuhl und beginnen mit dem richtigen Aufstehen und Hinsetzen“, erklärt Lindner.
Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination werden etwa mit Therabändern, Bällen oder Idogo-Stäben trainiert. „Unsere Übungsleiterin macht das ganz wunderbar. Sie variiert regelmäßig das Programm und baut die Stunden strukturiert auf: vom einfachen zum schwereren, ohne dass man überanstrengt wird.“
Bei allen Übungen sollen die Teilnehmer*innen auf ihren Atem achten und die neuen Techniken verinnerlichen. Wer wie Helga Lindner eine Lungensportgruppe besucht, lernt seinen Körper besser kennen. Die Betroffenen bauen einerseits Kondition und Muskulatur auf – andererseits aber zugleich ihre Ängste ab. Ganz nebenbei trainiert es sich in einer Gruppe viel leichter. Sie ist sozialer Treffpunkt, stärkt das Gemeinschaftsgefühl und das Selbstbewusstsein.
Für Lindner gibt es viele Gründe, zum Rehabilitationssport zu gehen. „Manche Leute haben eine Scheu oder wissen gar nicht, dass es solche Angebote gibt. Ich höre auch immer wieder, dass Leute sagen: Sowas brauche ich nicht. Ich persönlich kann Rehasport nur empfehlen und mache das auch regelmäßig“, betont die 79-Jährige, die ihre Tipps inzwischen auch an Bekannte weitergibt. „Die sind froh, dass ich ihnen das erkläre. Mein Arzt findet es auch positiv, wie ich mit meiner Krankheit umgehe und dass ich mich nicht unterkriegen lasse.“
Helga Lindner hat viele der Übungen in ihren Alltag integriert. Ob auf dem Sofa, beim Gehen oder im Haushalt: Es gibt keinen Ort, an dem sie nicht aktiv ihre Atmung trainieren kann. Sie braucht kaum Hilfsmittel geschweige denn teure Geräte dafür. Wenn es mal stressig um sie herum wird, weiß sie sich zu helfen. Und sie hat mit Hilfe ihrer Gruppe gelernt, welche Belastungen sie problemlos bewältigen kann und welche nicht. „Ich kann keine Bergtouren machen, aber ich spaziere gerne. Ich brauche dabei meinen Rhythmus und nehme mir Pausen. Was ich nicht brauchen kann, ist eine Hetze. Dann kann ich schon mal kurzatmiger werden“, sagt Lindner. „Aber die Menschen, die mich näher kennen, wissen das und nehmen Rücksicht.“
Weitere Infos zum Rehabilitationssport und der Kampagne "Rehasport ist für mich..." finden Sie hier.
Quelle: Stefanie Bücheler-Sandmeier / Deutscher Behindertensportverband e. V.