Traumstart bei der Para Ski nordisch-WM in Östersund

Im Biathlon-Sprint über 7,5 Kilometer zum Auftakt der Para Ski nordisch-WM in Östersund (Schweden) gewinnen Marco Maier (SV Kirchzarten) und Leonie Walter (19, SC St. Peter) Gold. Dazu sammelt das deutsche Team zwei Silber- und drei Bronzemedaillen ein.

Um 13.45 Uhr am Samstag stand Ralf Rombach im Teambereich des Östersunds Skidstadion und lächelte in sich hinein. „So einen Start kann man sich nicht besser erträumen“, sagte der deutsche Bundestrainer nach einem unheimlich engen Rennen bei den Männern stehend. Von Anfang an hatte sein Topathlet Marco Maier ein forsches Rennen gezeigt, in fast allen Zwischenzeiten lag er auf Goldkurs. Ein Fehler beim zweiten Schießen schien seinen Titel-Traum schon platzen zu lassen, doch auch die Konkurrenz traf nicht alles und Maier rettete 2,8 Sekunden vor Mark Arendz (Kanada) und 14,1 Sekunden vor Serhii Romuniuk (Ukraine) ins Ziel. Der zweite Deutsche Alexander Ehler (ebenfalls SV Kirchzarten) wurde mit 43,2 Sekunden Fünfter.

„Als die blöde Scheibe nicht fiel, habe ich gedacht: Verdammt, heute wäre so viel möglich gewesen. Aber die Zwischenzeiten danach haben mich total motiviert, obwohl ich eigentlich völlig kaputt war“, sagte der neue Weltmeister Maier, der von einem eigenen Fanclub auf den Tribünen angetrieben wurde. Papa, Mama und Freundin waren da, einige schwedische Schlachtenbummler schlossen sich spontan an. „Die Ziellinie war ganz schön laut. Das hat mich sehr gefreut.“

Traumstart auch für die Sehbeeinträchtigten

Und der Traumstart für Ralf Rombach ging weiter. „So sehen Sieger aus!“, skandierte das weiter angewachsene deutsche Fanlager nach dem Dreifacherfolg der Frauen mit Sehbeeinträchtigung. Leonie Walter (mit Guide Pirmin Strecker) gewann vor Linn Kazmaier (mit Florian Baumann), die nach eigenen scherzhaften Angaben auf der finalen Runde „fast gestorben“ wäre, und Johanna Recktenwald (mit Lutz Klausmann), die ihrer Mutter zum Geburtstag damit ein besonderes Geschenk machte.

„Ich habe auf der letzten Runde Vollgas gegeben. Dass ich jetzt Weltmeisterin bin, ist ein tolles Gefühl. Das kann man öfter machen“, verriet Leonie Walter, die sich beim ersten Schießen noch einen Fehler erlaubt hatte. Auch der einzige Mann bei den Männern mit Sehbeeinträchtigung durfte sich freuen. Nico Messinger (Ring der Körperbehinderten Freiburg) gewann mit seinem Guide Robin Wunderle Bronze hinter Oleksandr Kazik (Ukraine) und Zebastian Modin (Schweden). „Es lief im Rennen recht zäh für mich. Aber gleich beim ersten Start mein Soll erfüllt und eine Medaille geholt zu haben, macht es jetzt für die weiteren Rennen umso leichter für mich“, sagte er.

Die Rückkehrerin erkämpft sich Bronze

Silber und Bronze gab es im ersten WM-Rennen des Tages bei den Frauen sitzend für Anja Wicker (MTV Stuttgart) und Andrea Eskau (USC Magdeburg) hinter der US-Amerikanerin Kendall Gretsch. Drei Fehler kosteten Wicker alle Chancen auf eine erfolgreiche Verteidigung ihres WM-Titels von vor einem Jahr in Lillehammer. „Ich habe mich total unsicher gefühlt am Schießstand, was ich gar nicht von mir kenne“, berichtete sie. Besser lief es auf der Loipe, wo sie mit der Siegerin Kendall Gretsch gut mithielt. „Wenn ich die Form weiter so durchkriege, macht mir das Mut für die Langlauf-Rennen.“

Andrea Eskau hingegen blieb bei ihrer Rückkehr nach dreijähriger Winter-Wettkampfpause fehlerfrei, im Gegensatz zur Viertplatzierten Christina Picton (Kanada), die zweimal in die Strafrunde musste. „Mit einer Medaille hier hätte ich vor der WM wirklich nicht gerechnet und dass ich jetzt eine geholt habe, ist sicher auch der Tatsache geschuldet, dass Oksana Masters nicht dabei ist.“ Die zweite US-Amerikanerin und Dominatorin der jüngsten Vergangenheit fehlt wegen einer Handverletzung. Eskau aber lieferte voll ab. „Für meine Verhältnisse habe ich alles getan“, sagte sie.

Weitere Medaillen am zweiten Wettkampftag

Früh am Sonntagnachmittag war klar, dass Linn Kazmaier (mit Guide Florian Baumann) und Leonie Walter (mit Pirmin Strecker) Gold und Silber bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung unter sich ausmachen würden. Nataliia Tkachenko konnte nicht an den Start gehen, ihre ukrainische Landsfrau Oksana Shyshkova hatte schon auf den ersten Kilometern zu kämpfen. Die Jüngste im deutschen Team führte von Anfang an, baute ihren Vorsprung kontinuierlich aus und schnappte sich ihren ersten WM-Titel. „Ich habe versucht, technisch mein Ding durchzuziehen und das abzurufen, was ich kann“, sagte sie und verriet, dass es eventuell sogar noch ein bisschen schneller gegangen wäre. „Flo musste mich immer wieder bremsen.“

Leonie Walter erkannte einen Tag nach ihrem ersten WM-Titel im Biathlon-Sprint die Überlegenheit ihrer Teamkollegin an. „Ich habe mir irgendwann gesagt: Warum sollte ich mich hier im zweiten Rennen blau laufen, wenn ich noch mehrere Rennen vor mir habe.“ Für die dritte deutsche Medaille des Tages sorgte Anja Wicker, die sich im Ziel angesichts der Kälte erstmal die Nase warmrubbeln musste. „Mein Körper war zum Glück von Anfang an auf Betriebstemperatur“, sagte sie. Nach den ersten der sechs Runden betrug der Abstand zur späteren Siegerin Kendall Gretsch (USA) noch 1,2 Sekunden, dann wuchs er kontinuierlich an. Anja Wicker hielt es wie später Leonie Walter: „Am Ende ging es mir nur noch darum, Silber abzusichern.“ Das gelang. Auf Bronze lief die Brasilianerin Aline dos Santos Rocha.

Die zweite Deutsche bei den Frauen sitzend, Merle Menje (Stadt-Turnverein Singen), wurde Fünfte, genau wie Alexander Ehler (SV Kirchzarten) bei den Männern stehend, der nicht erst seit dem Biathlon-Sprint gestern auf diesen Rang gebucht zu sein scheint. „Der fünfte Platz ist meiner“, sagte er lachend. Im Ziel zierte das Gesicht des 53-Jährigen eine prächtige Eisschicht. „Es war sehr kalt. Vor der WM habe ich gesagt, ich will hier nicht sterben und ich will genießen. Heute wäre ich fast gestorben, ab sofort kann ich genießen.“

Insgesamt steht das deutsche Team bei der WM nach dem zweiten von sieben Wettkampftagen bei drei Gold-, vier Silber- und drei Bronze-Medaillen. Am Montag ist in Östersund Ruhetag. Weiter geht es am Dienstag mit dem Langlauf-Sprint, für den bis auf Sebastian Marburger alle Deutschen vorgesehen sind.

Das deutsche Aufgebot für Östersund (Name, Alter, Geburtsort, Verein):
Frauen mit Sehbeeinträchtigung: Linn Kazmaier (16 / Nürtingen / SZ Römerstein, Guide: Florian Baumann / 21 / Nürtingen / SZ Uhingen), Johanna Recktenwald (21 / St. Wendel / Biathlon-Team Saarland, Guide: Lutz Klausmann / 30 / Titisee-Neustadt/ SV St. Georgen), Leonie Walter (19 / Freiburg / SC St. Peter, Guide: Pirmin Strecker / 20 / Freiburg / SV Kirchzarten)

Frauen sitzend: Andrea Eskau (51 / Apolda / USC Magdeburg), Merle Menje (18 / Mainz / StTV Singen), Anja Wicker (31 / Stuttgart / MTV Stuttgart)

Männer mit Sehbeeinträchtigung: Nico Messinger (28 / Freiburg / Ring der Körperbehinderten Freiburg, Guide: Robin Wunderle / 24 / Freiburg / SC Todtnau)

Männer stehend: Alexander Ehler (53 / Leninogorsk (KAZ) / SV Kirchzarten), Steffen Lehmker (34 / Uelzen / WSV Clausthal-Zellerfeld), Marco Maier (23 / Oberstdorf / SV Kirchzarten), Sebastian Marburger (25 / Frankenberg (Eder) / SK Wunderthausen)

Der weitere Zeitplan:
Dienstag, 24. Januar, 12.30 Uhr bis 17.30 Uhr: Langlauf-Sprint freier Stil (0,8 km für sitzende Klasse, 1,2 km für stehende Klassen)
Mittwoch 25. Januar, 9.30 Uhr bis 15 Uhr: Biathlon Mitteldistanz (10 km)
Freitag, 27. Januar, 10 Uhr bis 15.16 Uhr: Biathlon Einzelrennen (12,5 km)
Samstag, 28. Januar, 12 Uhr bis 16.05 Uhr: Langlauf Mitteldistanz freier Stil (10 km)
Sonntag, 29. Januar, 10 Uhr bis 12.35 Uhr: Langlauf-Staffeln Mixed und Offen (4x2,5 km)

Weitere Informationen zum Team:
https://www.nordski.de  

Weitere Informationen zur Weltmeisterschaft:
https://winterparasport.com

Übersicht über alle Ergebnisse und Termine:
https://www.fis-ski.com/en/para-snowsports/para-nordic/historical-results

 

Quelle: DBS

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